INNERE BEFREIUNG- VERÄNDERUNG DER WELT

metamorfosi_mostre“Das Weltalter, dem der Grund ausbleibt, hängt im Abgrund. Gesetzt, dass dieser dürftigen Zeit überhaupt noch eine Wende aufbehalten ist, sie kann einst nur kommen, wenn die Welt sich von Grund auf, und d.h. jetzt eindeutig, wenn sie sich vom Abgrund her wendet”. (Martin Heidegger)

Was mir in Darsi Pace als Philosophie Studentin sehr gefallen hat, ist, dass Darsi Pace nicht nur eine Bewegung ist, die sich um das Innere des Individuums kümmert, sondern nebenbei auch eine bestimmte Weltanschauung hat und sich als konstruktive Kritik dieser Zeit setzt.

Meine persönlichen Erfahrung, was ich immer gespürt habe, ist, dass unsere Zeit irgendwie unerträglich ist. „Unsinn“, Oberflächlichkeit, Ungerechtigkeit, Aggression und Gewalttätigkeit scheinen in der Welt zu herrschen.

In der Vergangenheit war es nicht besser, sondern davon bin ich überzeugt, es war noch viel schlimmer als heute.

Im Laufe der Zeit wurden viele Institutionen und Begriffe bis zum Begriff der Familie selbst in Diskussion gesetzt. Viele Rechte wurden erobert. Die Lebensbedingungen haben sich im Allgemeinen verbessert.

Unsere Kultur zeichnet sich als eine permanente und dauerhafte Kritik an sich selbst aus, und das hat ihre Ursprünge in unserer Kultur selbst, glaube ich, von Sokrates aus.  Diese Kritik ist sicher ein Reichtum und das ist, meine ich, eine positive Eigenschaft des Abendlandes, die auch eine politische und eine wissenschaftliche Entwicklung  ermöglicht hat.

Dieses Verfahren hat aber auch ein Abbröckeln vieler Bezugspunkte mit sich gebracht. Das ist in sich selbst nicht unbedingt negativ, aber bringt mit sich auch Unruhe, Verlust der Orientierung, und Zerbrechlichkeit. Das geschieht auf individuellem Niveau sowie auf gemeinschaftlichem  Niveau. Der Bruch der Sicherheiten, individuell sowie auf kollektivem Niveau, bringt immer eine starke Krise mit sich, aber diese Krise zu durchgehen, bedeutet auch ein Durchgehen des „Abgrunds“, was unerwartete Ressourcen befreien kann. In diesem Sinn ist der oben erwähnte Satz von Heidegger erleuchtend.

Die individuelle Krise und die kollektive Krise unserer Zeit, in der, wie gesagt, viele Bezugspunkte und Strukturen in Diskussion gesetzt worden sind, verlaufen parallel und beide sprechen uns von der absoluten Notwendigkeit einer Wende. Die Menschlichkeit ist an einer Grenze angelangt, und wahrscheinlich am Höhepunkt dieser Grenze. Das ist zuerst zum Beispiel an unserer wirtschaftlichen Situation ersichtlich: wir sind gerade dabei alle verfügbaren Ressourcen der Welt auszunutzen. Aber auch von unserem Leben selbst: unser Leben ist oft schnell, zu schnell. Es ist als ob wir ständig in einer beschleunigten Zeit leben würden, in der wir alle immer unter Stress und unter Druck stehen, und die ihrerseits in uns das Gefühl von Hektik auslöst, sodass wir noch mehr machen sollten. Individualität und Kollektivität verlaufen daher parallel, individuelle und kollektive Dynamik gehorchen den gleichen Prinzipien. In Darsi Pace werden diese zwei Aspekte gleichzeitig betrachtet.

Man könnte sagen, dass individuell eine bestimmte Modalität des Ichs wirkt, die als „Ego-zentriertes Ich“ bezeichnet werden kann. Dieses „ego-zentrierte Ich“ wird von einer tiefen Angst beherrscht und verursacht aus diesem Grund Ausgleichsmechanismen von Kontrolle und Angriff. Man stellt sich oft den anderen in einer aggressiven Haltung gegenüber und nicht in einer beziehungsfähigen “Einstellungsmodalität”. Diese aggressive Haltung drückt sich nicht unbedingt durch Gewalt aus. Auch Nachgiebigkeit kann aggressive Gefühle verstecken und kann ebenso eine Maske sein, die uns von anderen trennt.

Eine wahre Beziehung setzt eine innere Freiheit voraus, sie setzt einen freien Raum voraus, in dem der andere und seine Bedürfnisse existieren können. Diese innere Freiheit, dieser Raum sollen zuerst in sich selbst aufgebaut werden. Wenn es eine innere Trennung mit sich selbst gibt, entsteht eine aggressive Gegenüberstellung, in der die eigenen  realen Gefühle unterdrückt oder nicht anerkannt werden. Diese Art Beziehungen zu leben, durch eine aggressive Gegenüberstellung mit Angriff und Trennung (von sich selbst und als Konsequenz mit den anderen) breitet sich auf alle Bereiche des Lebens aus. Daher erklärt es sich, dass auch auf der kollektiven Ebene die gleichen Dynamiken herrschen. Die Dynamiken, die in uns liegen, wirken sich auf alle Aspekte unseres Lebens aus.

Im XX. Jahrhundert, mit den zwei Weltkriegen, hat diese Modalität des Egos – sich  den anderen entgegenzusetzen- wahrscheinlich seinen höchsten Punkt erreicht. Je mehr ein bestimmtes Volk sich gegen ein anderes entgegensetzt hat, desto stärker war seine Identität. Und genauso funktioniert es mit jeder Identität. Die männliche Identität hat sich  in der Geschichte der weiblichen Identität mit Aggressivität und auch mit ihrer Überwältigung gegenübergestellt. Auch die religiöse Identität hat sich durch aggressive Gegenüberstellungen gegen andere Meinungen definiert.

Heutzutage, zumindest im Abendland , ist diese Art des Egos zwischen Menschen Beziehungen zu gestalten zum Glück teilweise  gefallen. Trotzdem, hat es, wie gesagt, eine große Verwirrung hinter sich gelassen. Aber das bietet eine unglaublich positive Chance. Der Verlust der Bezugspunkte und das Einstürzen der alten Modalität des Ichs eröffnen die Möglichkeit eine neue Menschlichkeit aufzubauen. Dabei handelt es sich um eine Menschlichkeit, die sich aus der Angst und aus dem Kontrollbedürfnis der Kontrolle der anderen befreit hat. Aus diesem Grund bedeutet die Arbeit an sich selbst vor allem die Möglichkeit seine eigenen Beziehungen konkret anders zu leben. Dadurch kann eine Veränderung in allen Aspekten unseres Lebens herbeigeführt werden und ermöglicht auf einem kollektivem Niveau neue Modalitäten unserer Identitäten zu finden: politisch, religiös, sexuell Ebenen usw. auf neue Weise zu erleben. Es eröffnet sich daher die Möglichkeit auf einem neuen Niveau ins Gespräch mit anderen zu kommen.

In Darsi Pace wird die Kritik an unserer Zeit und ihrer Strukturen offen in Angriff genommen. Mit vielen anderen Denkern teilen wir die Meinung, dass eine reale Veränderung der Welt nur geschehen kann, wenn man bei sich selbst anfängt. Es ist klar, dass eine globale Veränderung der Welt nicht von einem Tag auf den anderen geschehen kann. Aber wenn wir konkret bei uns beginnen, können wir konkret einige Samen säen. Wie kann man nur denken, dass sich die Welt verändern muss, dass „Jemand“, zum Beispiel die Politiker, eine Lösung finden muss, wenn wir selbst nicht fähig sind eine neue, andere Modalität zu finden, unsere Beziehungen in der Familie, mit dem Partner, mit den Kindern oder in der Arbeit zu leben? Auch eine noch so kleine aber konkrete Veränderung ist immer sehr schwer. Es ist einfacher zu denken, dass „die Anderen“ etwas machen sollten, was bedeutet, dass die Probleme nach draußen projiziert werden.

Was ich in Darsi Pace sehr spannend finde, ist es auch, dass  solche Themen zusammen diskutiert werden und man  bekommt daher eine gute “Ausrüstung“ um gewisse Phänomene unserer Zeit zu interpretieren.