„ Im Namen der absoluten Erneuerung hat das 20. Jahrhundert alle spirituellen Werte vernichtet, oder zumindest sehr geschwächt. Hier geht es nicht darum wie ein Gläubiger zu denken, sondern über die gesamte Gesellschaft nachzudenken, deren heutige Werte auf den Markt und auf die Rechte der Menschen reduziert werden. Werte, die bestenfalls wirtschaftlich oder moralisch sind, aber ganz sicher nicht spirituell“ . Die Menschenrechte sind somit Werte. Aber sie genügen nicht. Sie reichen nicht aus, um eine sinnvolle Gesellschaft zu schaffen.
Das ist die Lage unserer Zeit am Ende eines riesigen Abbaus. Aus diesem Grund fällt es uns schwer sinnvolle Prinzipien bzw. spirituelle Werte zu erfassen, auf denen wir wieder ein gemeinschaftliches Projekt aufbauen können. Die allgemein moralischen Werte von heute, die in der kantianischen Moral und in der Ideologie der Menschenrechte im Jahr 1789 verkörpert wurden, lassen sich am Ende in einen Einzigen zusammenfassen: in den Respekt für die anderen. Altern hat aber keinen Zusammenhang mit den Menschenrechten und mit dem Respekt für die anderen. Das ist keine moralische Frage. Wir können wie ein heiliger Laie oder Gläubiger leben, die anderen auf perfekte Weise respektieren, aber das verhindert nicht, dass wir älter werden. Noch ein Beispiel: Der Verlust einer geliebten Person. Wahrscheinlich ist das für die meisten von uns eine kritische Frage und ich werde darauf zurückkommen. Der Verlust eines Kindes, das in einem Verkehrsunfall stirbt, oder ein Angehöriger, der an einer tödlichen Erkrankung stirbt. Das ist keine moralische Frage, das ist keine ethische Frage. Die Ethik ist nicht ausreichend. Die Legalität reicht nicht aus, um eine menschliche Gesellschaft zu schaffen. Ist das klar? Sie sind nicht genug. Wenn wir das glauben, geraten wir in eine absolute Barbarei. Voller Rechte aber gefressen vom globalen Markt. Gefressen und überfüllt von jedem Recht. Gefressen vom globalen Markt, der sich freut, uns alle subjektiven Rechte, die wir wollen, zu erlauben.
Wir brauchen Spiritualität, um an die existenziellen Fragen zu denken, die sich weder auf den Markt noch auf die Menschenrechte reduzieren. „Jeder Mensch, gläubig oder nicht gläubig, muss über diese Fragen nachdenken, nicht über Moralität oder Menschenrechte, sondern über Spiritualität oder Weisheit, oder über einen Sinn. Etwas, dass uns unser demokratisches und liberales Universum nach einem Jahrhundert von starkem Abbau klarerweise nicht gibt“.
Aus dem Vortrag “ Der Aufstand“ von Marco Guzzi.