Wie oft passiert es uns, dass wir den äußeren Umständen die Schuld dafür geben, dass wir ein bestimmtes Problem nicht lösen können. In der Tat ist es häufig so, dass bestimmte Situationen oder ein Leiden nicht von uns abhängen und wir es erdulden müssen. Doch selbst in den schwierigsten und unangenehmsten Situationen können wir unseren Beitrag machen und schon allein das Wissen, dass ich im Grunde frei bin und auch einen Handlungsspielraum habe, verändert die Sicht auf die Dinge und erleichtert sie ein wenig.
Wie geht es mir, wenn ich merke, dass ich wirklich nichts machen kann, um eine Situation zu ändern? Versuchen wir mal, uns in diese Situation hineinzuversetzen, uns in Einklang zu bringen mit dem, was wir in diesem Moment fühlen würden. Wahrscheinlich würde ich mich extrem unterdrückt fühlen. Auf der anderen Seite versuchen wir uns vorzustellen, dass ich in einer schwierigen Situation immer noch einen gewissen Handlungsspielraum habe.
Ich sage bewusst nicht Lösung, sondern Handlungsspielraum, also die Freiheit, trotz allem handeln zu können, selbst in einer scheinbar unveränderlichen Situation. Wahrscheinlich gibt mir schon allein die Vorstellung einer gewissen Handlungsfreiheit, die ich habe, das Gefühl von Erleichterung und Entlastung. Ein Handlungsspielraum, in dem ich aktiver Teilnehmer bin und der mir nicht das Gefühl gibt, unterdrückt zu sein, indem ich eine Situation passiv erleiden muss. Wenn ich also eine Situation nicht direkt ändern kann, wenn ich ein Leiden nicht umgehen kann, so kann ich doch aktiv daran arbeiten, wie ich in solchen Situationen reagiere.
Buddha unterweist uns, dass ein vom Leid getroffener Mensch wie von zwei Pfeilen getroffen wird. Der erste Pfeil ist die Leidenssituation per se, die man nicht vermeiden kann. Der zweite Pfeil sind die Beschwerden, die negativen Urteile und all die niederdrückenden Gedanken, die durch den ersten Pfeil ausgelöst werden und die weiteres Leid verursachen. Unser Aktionsradius und unsere Handlungsfreiheit besteht also darin, dass wir aktiv daran arbeiten können, den Schmerz des zweiten Pfeils zu lindern. Meditation und der Zustand des Gebets sind jahrtausendalte Praktiken, die uns lehren, die Auswirkungen des Leidens, das von einer schwierigen Situation ausgeht und oft durch uns selbst noch verschlimmert wird, zu lindern. Sich diese Lehren wieder ins Gedächtnis zu rufen und sie in die Tat umzusetzen stellt einen ersten Akt der Rebellion dar gegen eine Gesellschaft des Machens und Produzierens. Eine Gesellschaft, die uns immer müder und niedergedrückter und somit schwächer und leichter manipulierbar haben will.